Nach einer schrecklichen 13-stündigen Fahrt über Holperstraßen und mit viel Auf und Ab, kamen wir endlich in Rantepao an. Rantepao liegt im Zentralhochland von Sulawesi. Wir fühlten uns auf Anhieb wohl, denn der Ort strahlte eine gewisse Ruhe aus. Schon kurz vor Rantepao sahen wir die typischen Toraja-Gebäude, die sehr an ein umgedrehtes Schiff erinnern. Im Bus lernten wir noch ein Paar aus Deutschland kennen und Ali, die Engländerin, die wir bereits aus Tentena kannten, war auch in unserem Hostel. Gemeinsam buchten wir fünf einen Guide, der uns mit auf eine Bestattungszeremonie mitnehmen sollte, für die die Toraja auch außerhalb Indonesiens bekannt sind.
Die Troja, die inzwischen mehrheitlich christlich und muslimisch sind, behalten dennoch ihre alte Traditionen aus der Vor-Missionierungszeit bei. Diese Traditionen beruhen auf dem ursprünglichen Glauben der Toraja. Die Toten kommen demnach in eine Art Oberwelt, der Puja, sofern sie den beschwerlichen Weg dorthin schaffen. Auf den Weg dorthin machen sich die Verstorbenen erst, nachdem die aufwändige Bestattungszeremonie stattgefunden hat. Oft dauert es Monate oder gar Jahre bis die Angehörigen die nötigen finanziellen Mittel aufgebracht haben, um sich diese leisten zu können. So vergingen beispielsweise bei der von uns beigewohnten Beerdigung von Mutter und Sohn elf Jahre (Mutter) bzw. Sohn (acht Monate). Nicht nur, dass Wasserbüffel und Schweine gekauft werden müssen, jede® Bekannte und Verwandte wird eingeladen, sodass schnell mal ein paar tausend Leute zusammen kommen, die über eine paar Tage verköstigt werden müssen. Hinzu kommen die Kosten für die Tänzer, Filmleute, Moderator usw., so ein großes Fest muss schließlich gut organisiert sein.
Während der Zeit bis zur Bestattung verbleiben die Toten im Haus der Angehörigen. Man glaubt, dass die Seele zunächst in der gewohnten Umgebung verweilt. Die Toten werden einbalsamiert und in einen Sarg gelegt, gelten aber noch nicht als richtig ‚tot‘ und sind weiter Teil des Familienlebens, mit denen auch gesprochen wird.
Die Bestattungszeremonie selbst findet auf dem Gemeindeplatz statt, ein Platz der von Tribünen umgeben ist. In jeder Tribüne sitzen, je nach sozialem Rang, die Angehörigen, Freunde und Bekannte. Grundsätzlich gilt es als große Ehre für die Angehörigen, je mehr Leute der Zeremonie beiwohnen, weshalb auch Touristen gern gesehene Gäste sind.
Uns wurde ein Platz zugewiesen und sogleich Tee und Knabbereien gebracht. Später wurden wir in einer anderen Tribüne zum Mittagessen eingeladen. Anschließend wurden Wasserbüffel geopfert. Im ursprünglichen Glauben der Toraja sollen die geopferten Büffel und Schweine helfen, den Toten helfen, den langen Weg ins Puja zu bewältigen. Je mehr von den Tieren geopfert werden, desto höher ist die Chance das Puja zu erreichen. Vor allem die Wasserbüffel sind sehr kostspielig, symbolisieren sie doch Reichtum und Macht. Dies bedeutet für die Angehörigen natürlich ein hoher sozialer Druck, so viele Büffel und Schweine zu kaufen wie nur möglich.
Grundsätzlich sind die Zeremonien fröhliche Feste, Trauerstimmung findet man dort nicht vor. Es wird getanzt, gelacht und gefeiert. Am Ende wird der Sarg zu seiner letzten irdischen Reise noch einmal durch das Dorf getragen, bevor es dann –je nach sozialen Status– in der Familiengruft oder in den Felswänden begraben wird.
Nach der Zeremonie fuhren wir mit unserem Guide auf unseren Motorrollern zu den verschiedenen Felsengräbern im Toraja-Gebiet. Haben die Verstorbenen einen besonders hohen sozialen Status, werden sogenannte Tao Tao von ihnen angefertigt, also lebensgroße Holzfiguren, denen man die Kleidung der Verstorbenen anzieht. Die Tao Tao werden dann an den Felswänden platziert. Jedes Jahr im August werden die Toten von ihren Angehörigen gewaschen, neu einbalsamiert und ihnen neue Kleidung angezogen.
Mich hat der Umgang der Toraja mit dem Tod wirklich fasziniert und stellte für mich das Highlight Sulawesis dar. Sulawesi ist sicherlich nicht das einfachste zu bereisende Ziel in Asien, aber wer die Möglichkeit hat, sollte einen Abstecher nach Sulawesi auf jeden Fall in Erwägung ziehen.