Auch wenn man denkt, nach einer längeren Reise schnell wieder einen Job zu finden, kann sich das durch langwierige Recruitungprozesse mitunter Wochen oder gar Monate hinziehen bis man tatsächlich wieder in Lohn & Brot steht. Um für diese Zeit nicht von seinem Ersparten leben zu müssen, sollte man schon vor der Reise sicherstellen, dass man nach der Auszeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen kann.
Leider wissen selbst einige Mitarbeiter der Arbeitsagentur –zumindest am Telefon– nicht immer wirklich gut Bescheid. Es scheint doch immer noch relativ selten vorzukommen, dass man seinen Arbeitslosengeldanspruch nicht sofort nach Ende des Arbeitsverhältnisses geltend macht. Lass Dich hier nicht verunsichern!
Da ich mich selbst grad viel mit dem Thema beschäftigt habe, möchte ich Euch hier meine Erfahrungen schildern.
Es mag auf den ersten Blick verwirrend erscheinen und tatsächlich sollte man sich schon ein bisschen mit der Thematik auseinander setzen um wirklich alles zu verstehen. Ich versuche hier Juristendeutsch zu zurückzuhalten und es einfach darzustellen.
Bitte bedenke, dass ich hier keine Rechtsauskunft gebe, sondern lediglich meine eigene Recherche wiedergebe.
Du möchtest weniger als 12 Monate verreisen
Zunächst einmal muss Dir klar sein, dass
- die Entstehung eines Anspruchs auf ALG und
- Dauer des Bezugs von ALG
zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind.
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht dann, wenn Du innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst (§§ 142, 143 SGB III). Diese zwei Jahre wird Rahmenfrist genannt. Wenn Dir also klar ist, dass Deine Auszeit weniger als 12 Monate beträgt, ist eine Meldung bei der Arbeitsagentur vor der Abreise nicht nötig. Wenn Du Dir nicht sicher bist, ob Du vielleicht doch länger unterwegs sein wirst, melde Dich vorsichtshalber lieber beim Arbeitsamt!
Die Dauer des ALG-Bezugs richtet sich nach der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der um 3 Jahre verlängerten Rahmenfrist, also den letzten 5 Jahren.
Zur Berechnung des ALG-Höhe werden immer die letzten 12 Monate Deiner letzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zu Grunde gelegt.
⇒ Bei weniger als 12 Monaten Auszeit entstehen Dir keinerlei „Verluste“ bei der Bezugsdauer und –höhe von ALG
Du möchtest länger als 12 Monate verreisen. Was nun?
Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht wie gesagt nur, wenn Du innerhalb der letzten zwei Jahre 12 Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst.
Bist Du länger als 12 Monate auf Achse, z.B. 13 Monate, dann hast Du nur noch 11 Monate der letzten 2 Jahre gearbeitet und hast somit keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld.
Um dies zu vermeiden, solltest Du Dich unbedingt vor Abreise arbeitslos melden. Ist nämlich Dein Anspruch erst mal geltend gemacht worden, verlängert sich die Rahmenfrist auf vier Jahre. Du kannst Dir dann also mit dem Reisen wirklich sehr viel Zeit lassen.
Es reicht übrigens aus einen einzigen Tag arbeitslos gemeldet zu sein.
Beispiel:
Du kündigst zum 31.03.2016 Deinen Job. Für den 01.04.2016 meldest Du Dich arbeitslos. Am 02.04.2016 startet Deine Auszeit und meldest Dich wieder von der Arbeitslosigkeit ab. Du hast dann vier Jahre Zeit Dein Arbeitslosengeldanspruch wieder geltend zu machen.
Wichtig ist hierbei, dass Du am Tag der Arbeitslosigkeit (im Beispiel 01.04.2016) wirklich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehst, d.h. Du musst Dich in Deutschland aufhalten. Ich rate außerdem dazu, mit Deinem/r zuständigen Sachbearbeiter/in offen zu sein und im persönlichen Gespräch mit ihm/ihr von Deinen Plänen zu erzählen.
⇒ Bei mehr als 12 Monaten Auszeit solltest Du Dich unbedingt für mindestens einen Tag arbeitslos melden.
Wie ist das mit der Sperre, wenn ich selbst kündige?
Kündigst du selbst, “nur” weil Du eine Auszeit nehmen möchtest, wird Dir höchstwahrscheinlich eine Sperrfrist von 12 Wochen aufgebrummt.
Mir wurde bei der Arbeitsagentur zu dem Thema auch wieder eine falsche Auskunft gegeben, nämlich, dass die Sperrfrist erst am Tag der Arbeitslosmeldung beginnen würde. Das ist natürlich Quatsch. Das Gesetz ist da eindeutig:
Gemäß § 159 Abs. 2 SGB III beginnt sie “am Tag nach dem Ereignis, das die Sperrfrist begründet”. Das Ereignis ist der letzte Tag des Arbeitsverhältnisses, die Sperrfrist beginnt also am darauffolgenden Tag. Sie beginnt nicht etwa mit dem Tag der Meldung beim Arbeitsamt!
Für die Sperrfrist ist also völlig egal, ob Du Dich vor oder nach Deiner Reise arbeitslos meldest. Die Sperrfrist wird komplett während Deiner Reise „abgesessen“, sofern Du länger als 12 Wochen unterwegs bist.
Trotzdem musst Du bedenken, dass die Sperrfrist die Dauer des ALG-Bezugs um insgesamt 12 Wochen mindern wird.
Ein ganz toller Artikel mit ganz wichtigen Informationen, die dem ein oder anderen ganz sicher eine sehr große Hilfe sein werden.
Danke Katja Ich hoffe, ich kann damit dem einen oder anderen helfen sich durch den Paragraphendschungel zu wurschteln.
Hallo Dörte,
vielen Dank für diesen Beitrag, der sehr informativ und lehrreich ist und ich hoffe, dass die betroffenen Leute den Artikel vor ihrem Reiseantritt in die Finger bekommen.
Das Jobcenter hilft leider oftmals nicht so richtig weiter.
Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag und sende die besten Grüße
Christian
Hallo Christian,
danke für Deinen Kommentar.
Ich hoffe tatsächlich mit dem Beitrag ein wenig Klarheit in die Wirren des SGB III bringen zu können 😉 Für die Arbeitsagentur scheinen derartige Fälle doch eher “exotisch” zu sein, da sie eben nicht der Norm entsprechen.
Danke auch für Deine stetige Hilfe, dieser Blog würde in dieser Form nicht so stehen ohne Dich!
Viele liebe Grüße,
Dörte